Sonntag, 2. Dezember 2018

Spartanisch und luxuriös

Der Titel dieses Blogs könnte auch lauten „Vom Koke‘e State Park an die Südküste“. Aber irgendwie gefällt mir der von mir gewählte Titel besser. Er bezieht sich primär auf die Unterkunft.

Hütte im Koke’e State Park 
Der Koke‘e State Park liegt oberhalb des Waimea Canyon auf eine Höhe von über 1000 Meter. Er nimmt den grössten Teil dessen ein, was vermutlich einmal die Caldera des Vulkans von Kaua’i war. Innerhalb des Parks liegen etwa zwölf Hütten. Diese können gemietet werden. Voraussetzung ist, dass einer der Mieter mindestens 25 Jahre alt ist und die ganze Zeit dort liegt. Ich vermute, dass die Hütten in der Vergangenheit von Jugendlichen für ausgiebige Feste genutzt wurden. Aufgrund ihrer Lage sind sie dafür durchaus geeignet. Die Hütten verfügen über ein oder zwei kleine Schlafzimmer, eine Kochecke, einen Wohn- und Essbereich und über eine kleine Toilette mit
Wohnbereich mit Holzofen
einer sehr engen Duschkabine. Es gibt zwar elektrischen Strom, einen Kühlschrank und auch fliessend Wasser, aber keine Heizung. Die braucht es aber, den gerade im Winter sinken die Temperaturen über Nacht oft deutlich unter zehn Grad. Es gibt in jeder Hütte einen Holzofen, den der Gast selber beheizen muss. Holz kann am Check-in gekauft werden. Dieses befindet sich in Waimea, unten am Pazifk, etwa 30 Kilometer entfernt. Es gibt kein Internet, kein Fernsehen und kein Telefon. Mit dem Mobiltelefon hat man ebenfalls keinen Empfang. Es gibt ein Restaurant in der Nähe aber das schliesst um 16 Uhr. Ebenso das daneben liegende Museum. Danach ist die einzige Verbindung mit der Aussenwelt ein Münztelefon. Naja, es ist natürlich auch in der Nacht möglich, ins Auto zu sitzen und loszufahren. Die Einrichtung der Hütten ist alt, ersetzt wird wohl nur, was wirklich kaputt ist. Kurzum das Ganze ist entweder ein Riesenspass oder ein totale Zumutung, je nachdem mit welchen Erwartungen der Gast anreist. Ich war nun schon zum dritten Mal dort. Wandern am Tag, ein einfaches Abendessen kochen und vor dem Ofen sitzen und Lesen, für mich Entspannung pur. 

Oberhalb der Na Pali Coast
Der Park ist klimatisch interessant. Obschon er nicht gross ist, gibt es beträchtliche Unterschiede in der Niederschlagsmenge. Im Nordosten, nahe am Hauptkamm der Insel werden regelmässig Niederschlagswerte gemessen, die zu den höchsten der Welt gehören. 10 bis 15 Kilometer weiter, im Südwesten des Parks oberhalb der Na Pali Küste fällt weniger Niederschlag als in Bern. Das wirkt sich dann auch auf die Vegetation aus. Von einem Hochlandsumpf mit einer relativ niedrigen Vegetationsdecke, in der oft nur Zwergvarianten gedeihen über einen üppigen dunkelgrünen Dschungel bis hin zu einem eher lichten Wald findet sich alles.

Die Wanderungen im Park sind recht anstrengend. Die hat verschiedene Gründe. Da ist einmal der meist feucht und wie schon mehrfach beschrieben deshalb ziemlich rutschige Boden. Es gibt auch steile Wegstücke, Treppen oder Stufen, wie ich sie aus der Schweiz kenne, gibt es oft nicht.
Auf dem Nu‘alolo Trail kurz vor dem Endpunkt
Schliesslich ist die Wegführung oft nicht wirklich klar, eindeutige Markierungen fehlen und die Wegspur zerläuft irgendwo im Unterholz. Oft ist es auch eine Kombination von allem.
Dieses Jahr war es im Park wärmer und etwas trockener als in den beiden vorangegangenen Jahren. Am ersten Tag wanderte ich auf dem Nu‘alolo Trail. Dieser verläuft vom Zentrum des Parks hinaus auf eine Klippe im Westen, hoch über der Na Pali Küste. Zuerst durch einen dichten Wald führend, fällt der Pfad nach einem kurzen Anstieg bald recht steil ab. Nach etwa drei Kilometer wird der Wald lichter, der Boden trockener. Schliesslich erreicht der Wanderer einen recht kahlen mit Gras und kleine Bäumen bewachsenen unterschiedlich breiten Grat. Auf einer Seite fällt das Gelände am Wegrand nun mehrere hundert Meter steil ab. Nach etwa sechs
Irgendwo im Koke‘e State Park
Kilometer Wanderung ist der Weg zu Ende. Die Aussicht auf die tiefen V-Täler der Na Pali Küste ist schwindelerregend. Es wäre noch möglich weiter zu gehen. Aber die Klippen sind brüchig, das Gestein ist morsch. Es wird davon abgeraten, sich weiter nach vorn zu wagen. Also lasse ich es sein. Ich mache mich auf den Rückweg. Kaum bin ich bei der Hütte, setzt kräftiger Regen ein. Das ist nicht unüblich im Park. Meist regnet es dann am frühen Nachmittag eine Stunde und am Abend ist es wieder trocken.
Am zweiten Tag wanderte ich durch kleine und grössere Pfade im Zentrum des Parks an den Beginn des Waimea Canyon. Dort genoss ich eine gute Stunde im Gras liegend die warme Sonne und den Internet Empfang, den es hier am Rande des Canyon gibt. Auf dem Rückweg traf ich auf drei Amerikaner aus Arizona, die sich verirrt hatten. Wir gingen zusammen zurück zur Piste an der sie ihren Wagen hatten stehen lassen.

Am dritten Tag wollte ich den Alaka‘i Sumpfpfad machen. Diese Wanderung beginnt im
Im Park am Ausgangspunkt des Sumpfpfads
Parkinnern. Zuerst muss man rund sechs Kilometer über einen Naturstrasse wandern, dann geht es über einen Rücken in den eigentlich Sumpf. Dort verläuft der Pfad über weite Strecken auf Planken. Die einzige Ausnahme ist win Bachtal, hier geht es rund 100 Meter steil hinunter und wieder 100 Meter steil hinauf, alles durch dichten grünen Dschungel. Der Bach muss durchwatet werden. Wenn er viel Wasser führt wird das zum Problem, den nur kurz hinter der Watstelle fällt er steil ab. Hier musste ich letztes Jahr umkehren. Nun, auch dieses Jahr erwies sich der Bach als Problem. Ich wusste, dass um 13 Uhr in diesem Teil des Parks heftige Niederschläge niedergehen würden. Der Bach konnte als rasch anschwellen. Ich
Plankenweg im vorderen, tieferen Teil des Sumpfs
setzte mir eine Frist bis 09:30, dann musste ich bem Bach unten sein. So war sicher gestellt, dass es mir zum Ende des Pfads, mit der Aussicht hinunter auf Hanalei, und zurück reichen würde, bevor der heftige Regen einsetzte. Dies inklusive einer Sicherheitsmarge von einer guten Stunde für Fotos, eine Pause am Endpunkt und Unvorhergesehenes. Tja, um 09:20 war ich am Anfang des Abstiegs zum Bach und kehrte folglich um. Gegen 14 Uhr, ich war schon lange wieder in der Hütte setzte dann ein heftiger Niederschlag ein. Dieser liess zwischendurch zwar etwas nach, aber meist prasselten die schweren Regentropfen einem Trommelfeuer gleich auf das Wellblechdach meiner Hütte. Als ich diese am nächsten Vormittag in Richtung Waimea und Südküste verliess, goss es nach wie vor wie aus Kübeln. Um beim Einladen des Gepäcks auf den wenigen Metern zwischen Hütte und Auto nicht klitschnass zu werde, brauchte es schon die volle Regenmontur. Es hatte, wie sich herausstellen sollte nicht nur im Park heftig geregnet, sondern überall auf der Insel. 

Die letzten drei Tage auf Kaua’i liess ich eher gemütlich angehen. Am frühen Freitagnachmittag 
Marjorie‘s Kaua’i Inn
schlenderte ich der Südküste bei Poipu entlang, bevor ich meine nächste Unterkunft bezog, das Marjorie‘s Kaua’i Inn. Dies ein B&B etwa fünf Kilometer von der Südküste entfernt. Es liegt hoch  über einem kleinen Tal. Es hat drei grosse Zimmer. Alle mit einer kleinen Küche und einer grossen Terrasse. Es steht oben am Abhang. Die Aussicht auf das grüne Tal und die daniederliegenden Hügel ist grossartig. Als ich eintraf fand ich im Kühlschrank einen kleinen Willkommensimbiss vor. Ich verbrachte den Rest des Abends auf meiner grosszügigen Terrasse. 
Das Frühstück wird einen Stock höher, ebenfalls auf einer überdeckten Terrasse eingenommen. Das Buffet ist vielseitig, zumal es ja nur drei Zimmer gibt. Da nur eines der beiden anderen Zimmer besetzt war und diese beiden Gäste früh zu einer Wanderung aufgebrochen waren, hatte ich das Frühstücksbuffet für mich alleine. Es gab selbst gebackenes Brot, selbstgebackenen Kuchen, Früchte, Schinken, Käse und, und, und.... Zudem konnte ich zwischen Eiern mit Speck und Frenchtoast auswählen. Einfach perfekt.

Nach dem ausgiebigen Frühstück stand am Samstag eine leichte Wanderung an der Südküste auf dem Programm. Der Maha‘ulepu Trail verläuft von Poipu in Richtung Westen. Er führt über
Die Maha‘ulepu Küste
Dünen, den Klippen und einem Golfplatz entlang zu einer Kalksteinhöhle und einigen wunderschönen kleinen Stränden. Es gibt gleich mehrere Höhepunkte. Beginnen wir mit dem kuriosesten. An einer Stelle führt der Weg an einem Golfplatz entlang. Auf der einen Seite sind die steil abfallenden instabilen Klippen, auf der anderen Seite ist der Golfplatz. Es gibt alle paar Meter Warnschilder „Achtung, steile Klippen“ und „Achtung, Gefahr durch Golfbälle“. Der Wanderer hat also quasi die Wahl zwischen Scylla und Charybdis. Upps, ich habe die Zielgruppe des Blogs vergessen. Homer und die Odyssee sind wohl den wenigsten bekannt. Um es einfach zu machen: Ich entschied mich, eher golfplatzseitig zu gehen. Der Treffer
Traumstrand
durch einen Golfball ist eher zu überleben als der Fall von einer 30 Meter hohen Klippe. Die wirklichen Höhepunkte der Wanderung sind natürlich andere. Da ist einmal ein alter hawaiianischer Tempel. Dieser wurde wohl bisher nicht weiter wissenschaftlich untersucht, er ist teilweise überwachsen. Eine weiterer Höhepunkt sind versteinerte Sanddünen. Diese wurden während der letzten Eiszeiten gebildet. Damals war der Meeresspiegel gegen 100 Meter tiefer. Die damaligen Dünen wurden von Erde und Pflanzen überlagert und zusammengepresst. Dies führte dazu, dass sie zusammengepresst wurden. Die versteinerten Dünen sind übrigens die einzige nennenswerte Gesteinsformation auf Kaua’i, die nicht vulkanischen Ursprungs ist. Die Dünen bestanden aus Sand der wiederum aus der Erosion
Ein typisch hawaiianischer Golfplatz
der vorgelagerten Korallenriffe entstand. Die versteinerten Dünen bestehen also aus Kalkstein. In diesem Kalkstein gibt es eine Höhle. Es handelt sich dabei um eine Art Doline, die teilweise eingebrochen ist. Eine Doline ist eine Stelle im Kalkstein, an der das Oberflächenwasser versickert und sich auf seinem Weg durch den Untergrund durch das Gestein frisst. Innerhalb dieser halb offenen Höhle wurden Ablagerungen gefunden und zahlreich Fossilien. Leider ist die Höhle nur am Sonntag zwischen 10 und 12 zugänglich. Der absolute Höhepunkt für die meisten Wanderer sind natürlich die Strände, die am Ende des eigentlichen Wanderwegs beginnen: Südsee-Stimmung im nördlichen Pazifik.


Am Sonntag besuchte ich die grösste Kaffee-Plantage der USA. Es ist die 12.5 km2 grosse
Auf den Felder der Kaua’i Coffee Compagnie
Kaua’i Coffee Compagnie. Diese begann ihre Existenz im 19. Jahrhundert als Zuckerrohr Plantage. Zuckerrohr, das war das Produkt der Inseln bis so in die 1950er Jahre. Danach ging die Rentabilität der Plantagen langsam aber stetig zurück. 2016 wurde die letzte Plantage, sie lag auf Maui, geschlossen. Auf den Feldern der Kaua’i Coffee Compagnie begann der Kaffee-Anbau Mitte der 1980er Jahren. Ein Kaffeebaum braucht drei bis vier Jahre, bis er Früchte trägt. Für die neuen Kaffee-Anbauer kam es, kaum waren die ersten Ernten eingefahren, zum Supergau. Im Jahr 1992 legte der Hurrikan Iniki im wahrsten Sinne des Wortes die gesamte Plantage flach. Alles musste von vorne beginnen. Inzwischen hat sich die Plantage längst erholt. Sie besteht heute aus über vier Millionen Bäumen. Für die wenigen Kaffee-Liebhaber unter meinen Lesern: Es werden ausschliesslich Arabica-Kaffee-Sorten angebaut. Dies schmecken runder als z.B. die
Kaffee-Kirschen
Robusta-Sorten. Die Bäume hier auf Kaua’i blühen im Februar und März. Danach dauert es sechs bis acht Monate bis die Kaffee-Kirschen reif sind. Je nach Sorte sind diese gelb oder rot gefärbt. Die Ernte erfolgt maschinell und dauert von September bis Dezember. Während dieser Zeit wird rund um die Uhr geerntet. Vor der Ernte einer bestimmten Fläche wird diese begangen. Nur wenn mindestens 80% der Kaffee-Kirschen auf dieser Fläche reif sind, wird die Ernte durchgeführt. Eine Fläche wird nur einmal abgeerntet. Danach werden die Kaffee-Kirschen in ein Wasserbad geleert. Dort sinken die riefen Früchte auf den Grund. Die überreifen und die noch nich reifen treiben auf der Oberfläche. Sie werden abgeschöpft und als Dünger verwendet. Die reifen Früchte werden geschält. Heraus kommen die Kaffeebohnen. Die Schalen werden ebenfalls zu
Kaffeebohnen, die an der Sonne trocknen
Dünger. Die Bohnen werden während gut 24 Stunden maschinell getrocknet. Für die traditionelle Trocknung durch die Sonne fehlen angesichts der Grösse der Plantage die nötige Fläche und das nötige Personal. Die getrockneten Bohnen werden dann nach und nach geröstet und können dann zu Kaffee verarbeitet werden. Die Bäume müssen alle vier bis sechs Jahre geschnitten werden, sonst würden sie bis zu 20 Meter hoch. Nach dem Schneiden wird ein Jahr nicht geerntet, da die neuen Triebe von der Erntemaschine beschädigt werden könnten. Ein Baum gibt pro Jahr Bohnen für rund ein Pfund Kaffee. Es gibt noch ein paar Besonderheiten. Normalerweise enthält eine Kaffee-Kirsche zwei Bohnen. Etwa vier Prozent enthalten nur eine Bohne. Diese ist etwas grösser als die „normalen“ Bohnen, aber bei weitem nicht doppelt so gross. Sie gilt als besonders wertvoll, da sie mehr Koffein und mehr ätherische Öle enthält. Entsprechend teurer lässt sich der Kaffee aus diesen Bohnen verkaufen. 
Damit näherte sich mein diesjähriger Aufenthalt auf Kaua‘i langsam seinem Ende. Als nächstes stehen am Montag ein Flug über Honolulu nach Hilo und dann zwölf Nächte Hawai‘i auf dem Programm.


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